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Die in Deutschland mit Abstand am weitesten verbreitete Orchideengattung ist sicherlich „Phalaenopsis“. Leider beschränkt sich der Lebensraum dieser Pflanze hierzulande lediglich auf Baumärkte und Fensterbänke. Dass hierzulande aber auch ca. 60 Wildwachsende Orchideen gibt, ist deutlich weniger bekannt. Für Naturfotografen bieten diese extrem unterschiedlich ausgeprägten Pflanzen eine unendliche Motivvielfalt. Ich möchte euch hier einige der bekanntesten heimischen Orchideen vorstellen.
Knabenkräuter (Orchis)
Die Knabenkräuter sind wohl die am häufigsten anzutreffende Pflanzenart innerhalb der Familie der Orchideen hierzulande. Namensgebend ist wohl die Legende, dass der Verzehr der wie männliche Hoden (griechisch = „Orchis“) anmutenden Knollen bei schwangeren Knollen zur Geburt eines Knaben führt.
Helmknabenkraut (Orchis militaris)
Das Helmknabenkraut ist vermutlich DIE am häufigsten anzutreffende wildwachsende Orchideenart hierzulande. Diese Pflanzen können Wuchshöhen bis ca. 50cm erreichen. Lokal sind gelegentlich regelrechte Massenvorkommen anzutreffen, was dem Fotografen ein wunderbares Spiel mit Schärfe / Unschärfe ermöglicht. Diese Orchideenart hybridisiert oftmals mit dem Purpurknabenkraut, was eine exakte Bestimmung oftmals schwierig machen kann.
Blütezeit: Anfang / Mitte Mai
Lebensraum: In Süddeutschland häufig, im Norden selten bis nicht nachgewiesen. Meist auf Trocken- oder Halbtrockenrasen sowie lichten Kieferwäldern anzufinden.
Männliches Knabenkraut (Orchis mascula)
Einen in Deutschland recht häufig vorkommendes Knabenkraut, welches Wuchshöhen bis zu 70cm aufweisen kann (daher auch „Stattliches Knabenkraut). Weiße Variationen sind möglich.
Blütezeit: Ende April – Mitte Mai
Lebensraum: In Deutschland recht häufig, meist auf Trockenstandorten oder lichten Wäldern anzufinden.
Brand-Knabenkaut (Neotinea ustulata)
Diese sehr seltene Pflanzenart zählte eigentlich nur bis 1997 zu den Knabenkräutern, aufgrund molekularbiologischer Forschungen wir sie heute zu der Gattung der Neotinea gezählt. Da diese zierliche Orchidee sehr empfindlich auf Düngung reagiert, kommt sie leider nur noch vergleichsweise selten vor.
Blütezeit: Mai
Lebensraum: Trocken- und Halbtrockenrasen, bevorzugt sehr sonnige Standorte.
Ragwurze (Orphrys)
Diese meist recht kleinen und krautigen Orchideen simulieren zur Bestäubung oftmals das Aussehen von Insekten und locken diese auch durch entsprechende Duftstoffe an. Eine weitere wichtige Rolle bei dieser sogenannten „Sexualtäuschung“ spielt die Behaarung der Blüten. Denn eben diese Härchen beeinflussen das Insekt dahingehend, ob es sich mit dem Kopf voran oder mit dem Hinterteil voran mit der Blüte zu paaren versucht. Diese Orchideen sind somit wahrliche Meister der Täuschung. Allerdings gibt es innerhalb der Ragwurze recht viele Hybride, was eine exakte Bestimmung recht schwierig macht.
Spinnenragwurz (Ophrys sphegode)
Kleine Spinnen Ragwurz Ophrys araneola
Diese beiden Spinnenragwurze sind sehr schwer zu unterscheiden, wobei die kleine Spinnenragwurz deutlich seltener vorkommt und sich durch einen mehr oder weniger stark ausgeprägten gelben Rand an der etwas kleiner ausgeprägten Lippe.
Blütezeit: Mitte April – Mitte Mai
Lebensraum: Trockenrasen und lichte Kiefer-Wälder
Fliegenragwurz (Ophrys insectifera)
Die Blüte dieser Pflanze erinnert entfernt an kleine „Teletubbies“. In meinen Augen handelt es sich hierbei u die am schwersten zu fotografierende Ragwurz-Art. Zwar findet man diese Orchidee recht häufig und die Blütezeit ist auch relativ lang, jedoch ist die Wuchsform sehr schmal und die interessanten Blüten nehmen meist nur einen sehr kleinen Teil des Bildes ein. Deswegen fotografiere ich die Fliegenragwurze am liebsten, bevor sie vollkommen am blühen sind.
Blütezeit: Mitte April – Ende Mai
Lebensraum: Halbtrockenrasen, Trockenwälder
Bienenragwurz (Ophrys apifera)
Diese wunderschöne und 20-50cm hohe Ragwurz profitiert vom Klimawandel und breitet sich zumindest in Süddeutschland aus. Die Blütezeit beginnt später wie die von Spinnen- und Fliegenragwurz. Im Gegensatz zu den meisten anderen Orchideen neigt der Bienenragwurz oft zur Selbstbestäubung.
Blütezeit: Mitte Mai – Ende Juni
Lebensraum: Trockenrasen, lichte Trockenwälder
Hummelragwurz (Ophrys holoserica)
Im Gegensatz zum Bienenragwurz ist beim Hummelragwurz die Lippe deutlich kleiner und weniger rund ausgeprägt. Auch beginnt der Hummel-Ragwurz knapp zwei Wochen vor dem Bienen-Ragwurz zu blühen. Die Blüte des Hummel-Ragwurz ist die größte unter den heimischen Ragwurzen
Blütezeit: Mitte Mai – Ende Juni
Lebensraum: Trockenrasen, lichte Trockenwälder
Waldvögelein (Cephalanthera)
Die Waldvögelein haben immer ein sehr „elegantes“ Erscheinungsbild. Dazu trägt ihre in Bezug zur Wuchshöhe recht länglich Form bei. Auch die mehr oder weniger ausgeprägte Symmetrie der Blüten und Laubblätter macht die Waldvögelein zu einem sehr ansprechenden Foto-Motiv
Rotes Waldvögelein (Cephalanthera rubra)
Aufgrund der namensgebenden Farbe und der eleganten Wuchsform ist dieses Waldvögelein ein wundervolles Foto-Motiv. Vor allem, wenn es die recht karge Bodenvegetation lichter Kieferwälder deutlich überragt, präsentiert es sich dem Fotografen von seiner schönsten Seite.
Blütezeit: Ende Juni – Mitte Juli
Lebensraum: Kalk-Buchenwälder, lichte Kieferwälder
Schwertblättriges Waldvögelein (Cephalanthera longifolia)
Wie der Name schon vermuten lässt, unterscheidet sich dieses Waldvögelein vor allem durch die deutlich längeren Laubblätter vom weißen Waldvögelein. Auch die reinweißen Blüten sind ein Unterscheidungsmerkmal.
Blütezeit: Mai
Lebensraum: Schattig, Kalkbuchenwälder, lichte Kiefernwälder
Weißes Waldvögelein (Cephalanthera damasonium)
Diese Orchidee wird auch bleiches Waldvögelein genannt. An einigen Standorten können massenvorkommen mit mehreren hundert Exemplaren angetroffen werden. Die Blütezeit liegt in der Regel nach der des Schwertblättrigen und vor der des roten Waldvögeleins. Die Blüten sind aber eher beige bis Elfenbeinfarben anstatt weiß.
Blütezeit: Mitte Mai – Ende Juni
Lebensraum: Schattig bis halbschattig, Mischwälder aber auch junge Fichten-Forste
Frauenschuhe (Cypripedium)
Unter Fotografen sind die Frauenschuhe, genauer der gelbe Frauenschuh (Cypripedium calceolus) wohl die begehrtesten Motive. Dies liegt wohl vor allem an der sehr außergewöhnlichen und markanten Form. Die Blüten dieser 15-60cm hohen Pflanze zeichnen sich durch ihren intensiv gelben Schuh und die dazu im Kontrast stehenden dunkelroten Perigonblätter aus. Diese Blütenform ist derart Charakteristisch, das sich der Frauenschuh hervorragend für Defokus- und Silhouetten eignet. Unter Naturfreunden und Fotografen erfreut sich der Frauenschuh einer derartigen Beliebtheit, dass der daraus resultierende „Freizeitdruck“ oftmals eine große Gefährdung für stark frequentierte Standorte darstellt. Nicht nur das „Plattdrücken“ selbst, auch die Verdichtung des umliegenden Lebensraumes schaden dieser Orchidee.
Blütezeit: Mitte Mai – Ende Mai
Lebensraum: Laubwälder
Weitere Orchideen
In loser Sammlung möchte ich hier einige weitere Orchideenarten vorstellen. Aufgrund der komülexität des Themas hat dieser Bericht jedoch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Auch beschränken sich die meisten meiner Orchideen-Aufnahmen auf die Südhälfte Deutschlands
Vogel Nestwurz (Neottia nidus-avis)
Gattung: Nestwurzen (Neottia)
Da diese Orchidee keinerlei Blattgrün bildet und auch die Blüten eine zum Rest der Pflanze identische Färbung aufweisen, erweckt diese Orchidee oft den Eindruck als sei sie vertrocknet – auch wenn sie gerade in voller Blüte steht.
Zweiblättrige Waldhyazinthe (Platanthera bifolia)
Gattung: Waldhyazinthen (Platanthera)
Diese auch als weiße Waldhyazinthe oder Weiße Kuckucksblume beschriebene Pflanze wird bis zu 50cm hoch. Sie kann auf verschiedensten Standorten blühen und ist daher relativ häufig.
Blütezeit: Ende Mai – Ende Juli
Lebensraum: Laubmischwälder, Heiden, Flachmoore,…
Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum)
Gattung: Riemenzungen (Himantoglossum)
Meiner subjektiven Einschätzung nach profitiert diese bis zu 1m hohe Orchidee ganz massiv vom Klimawandel und breitet sich – zumindest in Mainfranken und Taubertal – massiv aus. Hieraus ergeben sich manchmal recht absurde Fundorte, wie beispielsweise direkt im Saum eines Rapsfeldes.
Blütezeit: Anfang Mai – Ende Juni
Lebensraum: Magerrasen und Trockenrasen
Pyramidenorchis (Anacamptis pyramidalis)
Gattung: Hundswurze (Anacamptis)
Der Name beschreibt die Kontour des noch nicht ganz aufgeblühten Blütenstandes. Diese Orchidee wird auch „Hundswurz“ genannt. Sie gehört nicht – wie der Name vielleicht vermuten lassen könnte – zu den Knabenkräutern sondern zu den „Hundswurzen“
Blütezeit: Ende Mai – Anfang Juli
Lebensraum: Magerrasen, lichte Wälder
Kleines Knabenkraut (Anacamptis morio)
Diese extrem kleine und sehr früh blühende Orchidee wurde bis 1997 zu den Knabenkräutern gezählt, seitdem zählt man sie allerdings zu den Hundswurzen (Anacamptis). Da das kleine Knabenkraut kaum Düngung verträgt, gingen viele Lebensräume verloren.
Gattung: Hundswurze (Anacamptis)
Blütezeit: Ende März – Ende April
Lebensraum: Magerrasen, Trockenrasen
Braunrote Ständelwurz (Epipactis atrorubens)
Gattung: Stendelwurzen (Epipactis)
Diese 20-70cm hohe Orchidee blüht relativ spät und sondert einen intensiven Vanille Duft ab. Dieser Geruch und die dunkelrote Färbung der Blüten macht die Pflanze eigentlich unverwechselbar.
Blütezeit: Mitte Juni – Mitte Juli
Lebensraum: Magerrasen, magere und lichte Kiefernwälder
Mücken Händelwurz (Gymnadenia conopsea)
Gattung: Händelwurzen (Gymnadenia)
Die Blütenöffnung dieser Pflanze ist weniger als einen Millimeter breit – somit kommen lediglich Schmetterlinge an den Nektar. In diesem Fall konnte ein Schachbrettfalter auf der Orchidee angetroffen werden.
Blütezeit: Ende Mai – Anfang Juli
Lebensraum: Magerrasen, Nasswiesen
Fotografisch Tipps:
Wer selbst Orchideen fotografieren möchte, dem kann ich persönlich nur zu langen Brennweiten raten. Ein großer Teil meiner Orchideen-Aufnahmen mache ich mit meinem Nikon AF-S 28/300mm VRII. Daraus resultiert ein sehr ruhiger Hintergrund mit guter Freistellung des Motivs. Außerdem hat dies den Vorteil, dass man sich diesen überaus empfindlichen und in der Regel stark gefährdeten Pflanzen nur bis auf 2-3m annähern muss. Eine Abschattung de Orchidee durch einen weißen Regenschirm bändigt die Kontraste und durch die nun etwas heller Belichtung kann der Hintergrund regelrecht „zum Leuchten“ gebracht werden. Eine hervorragende Bestimmungshilfe bietet die Homepage des „Arbeitskreis Heimische Orchideen“ (AHO) Bayern: http://www.aho-bayern.de