Dieser Artikel wurde bei 4Nature-Photographers veröffentlicht.
Wald – dieser Begriff ist seit jeher mit diffusen Ängsten und verklärten Vorstellungen aufgeladen. Dabei ist der Wald in unseren Breiten meist ein bewirtschafteter Rohstofflieferant. Da mich dieses Thema bereits seit Jahren fotografisch beschäftigt, konnte ich bereits in sehr unterschiedlichen Waldgebieten fotografieren. Einen kleinen Eindruck darüber möchte ich hier vermitteln.
Einleitung
Schon als kleiner Junge war es vollkommen normal, direkt nach der Schule mit Freunden in den Wald zu laufen um dort Verstecken zu spielen und Baumhäuser zu bauen. Irgendwie hatte der Aufenthalt im Wald einen gewissen Hauch von Freiheit, Unberührtheit und Urwüchsigkeit.
Nachdem ich mich dann verstärkt der Naturfotografie widmete, war es selbstverständlich, meine ersten Motive im Wald zu suchen. Neben den dort wachsenden Pflanzen erhoffte ich natürlich auch immer mal einen Blick auf die mehr oder weniger heimlich lebenden Waldbewohner zu erhaschen. Aber auch der Wald an sich war stets ein wiederkehrendes Motiv.
In solchen Wäldern macht das Fotografieren natürlich Spaß Bild: Sven Dannhäuser
Natürlich sucht ein Naturfotograf nach möglichst naturbelassenen und wilden Wäldern. Aber auch das Aufgeräumte einer Monokultur oder die sich wiederholenden Strukturen sind immer wieder interessant. Nicht zu verachten sind auch die besonderen Licht- und Wetterstimmungen, welche dem Wald oftmals erst seinen mystischen Charakter verleihen. Manchmal kommt es aber auch vor, dass man bei der Motivsuche im Wald sprichwörtlich „Den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht“ und sich vergebens die Zähne ausbeißt. Ich möchte in diesem Blogartikel einen kleinen Einblick in meine Arbeitsweise bei der Waldfotografie geben.
Welche Ausrüstung ist notwendig?
Zwei Dinge sind immer dabei, wenn ich in den Wald gehe: Ein Stativ und ein Polfilter. Das Stativ ist zwingend notwendig, da die Belichtungszeiten schlichtweg zu lang werden, um noch Freihandaufnahmen zu ermöglichen.
Der Polfilter reduziert die Reflexionen auf Blättern und Stämmen. Vor allem bei Regen oder Nebel führt dies zu einer drastischen Verstärkung der Farben.
Was die Objektive angeht, so gibt kommt meist ein Weitwinkelzoom mit 15-30mm und ein mittleres Telezoom mit 70-200mm zum Einsatz. Aber auch ein lichtstarkes 50mm-Objektiv und ein Tilt-Shift-Objektiv mit 24mm sind immer mit dabei. Mit diesen vier Objektiven lassen sich so gut wie alle Situationen abdecken, und auch den kreativen Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt.
Der Einsatz eines Polfilters und die etwas längere Brennweite führen zu einem harmonischem Bildeindruck mit satten Farben. Durch die weit geöffnete Blende wird der Hintergrund etwas weichgezeichnet
Nikon D750 | Samyang 1,4/85mm | Polfilter
85mm | f/1,8 1/250sek | ISO100
Was ist bei der Bildgestaltung zu beachten?
Die Bildgestaltung im Wald lässt sich oftmals auf den Satz „Ordnung ins Chaos bringen“ vereinfachen. Kommen Weitwinkel oder Normlabrennweiten zum Einsatz, ist es mir sehr wichtig, dass ein klar definierter Vordergrund dem Betrachter einen Einstieg ins Bild ermöglicht. Nutze ich das Tilt-Shift-Objektiv, so versuche ich durch gezieltes tilten gerne die Schärfe ausschließlich auf die wichtigsten Bildelemente zu legen. Der Einsatz längerer Brennweiten hat meist sehr ruhige Bilder zur Folge. Hier achte ich stets darauf, dass eins sehr aufgeräumter Bildeindruck entsteht. Das Telezoom kann auch hervorragend genutzt werden, um Solitärbäume oder Pflanzen prominent im Bild darzustellen.
Durch das bewusste Tilten konnte hier die Schärfeebene exakt entlang des Baumstammes gelegt werden.
Nikon D850 | Walimex 3,5/24mm TS | Polfilter
24mm | f/3,5 | 1/8sek | ISO320
Einfluss des Wetters auf die Waldfotografie
Natürlich ist ein dramatischer Sonnenauf- oder Untergang im Wald etwas ganz besonderes: Wenn das warme Licht durch die Bäume bricht und den Waldboden zum Glänzen bringt, möchte man am liebsten die Zeit anhalten. Nur leider ist es an sonnigen Tagen mit der Waldfotografie schnell vorbei, denn sobald die Sonne etwas höher steht, ruinieren die harten Kontraste jedes Bild. Daher gehe ich am liebsten an Tagen ohne Sonnenschein in den Wald zum Fotografieren. Ein leichter Nieselregen oder – noch besser – Nebel sind ideal geeignet. Dann kann man sich ohne Hektik den ganzen Tag Zeit lassen und die feinen Abstufungen der Grüntöne kommen auch richtig zur Geltung. Aber auch eine geschlossene Schneedecke hat einen gewissen Reiz. Die Unordnung des Waldbodens wird dadurch verdeckt und es können ganz reduzierte Bilder entstehen.
Dass Nebel und Sonne gleichzeitig auftreten ist eine absolute Seltenheit. Wenn man sich dann auch noch in einem so schönen Wald wie hier auf Madeira befindet, möchte man die Zeit am liebsten anhalten.
Nikon D800E | AF-S 2,8/24-70mm
32mm | f/13 | 1/400sek | ISO100
Besondere Aufnahmetechniken bei der Waldfotografie
Eine Aufnahmetechnik, welche oftmals ein „notwendiges Übel“ ist, sind HDR-Aufnahmen. Da der Kontrastumfang im Wald regelmäßig den des Kamerasensors übersteigt, muss man mehrere Aufnahmen anfertigen um sowohl die hellsten als auch die dunkelsten Bereiche durchzeichnet abbilden zu können. Solche Aufnahmen sollte man aber stets so ausarbeiten, dass das HDR nicht als solches zu erkennen ist.
Solche Kontraste sind definitiv nur mit einem HDR zu bewältigen. Durch die weit geschlossene Blende kam der Sonnenstern sehr gut zur Geltung.
Nikon D500 | AF-P 10-20mm VR | Polfilter | HDR
18mm | f/14 | 1/640sek | ISO100
Auch den sogenannten „Orton-Effekt“ nutze ich bei der Waldfotografie sehr gerne. Dabei wird eine scharfe Aufnahme mit einer unscharfen überlagert. Die Unscharfe sollte dabei ca. eine Blendenstufe dunkler belichtet werden als die Scharfe. Dadurch entsteht ein mystischer Schleier im Bild. Je nachdem, wie stark für die unscharfe Aufnahme dekussiert wird, kann dieser Schleier stärker oder schwächer ausgeprägt sein.
Der Geisterwald in Nienhagen ist wohl eine der bekanntesten Locations für die Anwendung des Orton-Effektes. Da diese Aufnahme weit nach Sonnenuntergang entstand, erzeugte die blaue Stunde dieses leicht bläuliche Leuchten. Leider ist diese Baumgruppe mittlerweile kollabiert, aber auch diese stetige Veränderung gehört zum Wald einfach dazu.
Nikon D700 | AF-S 2,8/70-200mm
170mm | f/9 | 30sek | ISO800
Sehr abstrakte Waldaufnahmen entstehen durch das Verwischen der Bilder. Nun könnte man meinen, dass es sich dabei um beliebige unscharfe Bilder handelt. Aber einen ansprechenden Waldwischer zu erzeugen ist alles andere als einfach. Der Bildausschnitt muss gut gewählt werden und die Wischerbewegung sollte sehr sauber ausgeführt werden. Eine Belichtungszeit von ca. 1/3 bis 1/20 Sekunden – je nach eingesetzter Brennweite und Motiv – erweist sich hier als praktikabel. In der Regel muss man aber einige Probeaufnahmen machen, bis ein sauberes Wischerbild gelingt.
Dieser Wischer im verschneiten Harz wurde mit 1/3sek aufgenommen, um die Ruhe und Harmonie des winterlichen Waldes nochmals zu unterstreichen.
Nikon D850 | AF-S 2,8/24-70mm
70mm | f/11 | 1/3sek | ISO64
Fazit
Das Fotografieren im Wald bietet eine unendliche Motivvielfalt. Die Motivsuche wird dadurch aber eher schwerer als einfacher. Oftmals gelingen die besten Bilder, wenn man einfach mal einen ganzen Tag lang in den Wald geht und sich von den Gegebenheiten vor Ort leiten lässt. Planbar sind nur die wenigsten Waldaufnahmen, was für mich persönlich aber gerade den Reiz dieser Art der Fotografie ausmacht.