Auf kaum ein anderes Produkt war ich so gespannt wie auf die Nikon Z7. Meine ersten Eindrücke bestätigten die hohen Erwartungen auch fast vollständig. Jedoch hat es Nikon tatsächlich hinbekommen, einen so gravierenden Fehler in diese Kamera zu verbauen, dass ich die Z7 auf gar keinen Fall behalten werde.
Nikon Z7: Auf den ersten Blick super, beim genaueren hinsehen leider durchgefallen.
Erster Eindruck
Was habe ich mich auf die neue Nikon Z7 gefreut. Endlich eine spiegellose Vollfort-Kamera, die perfekt mit all meinen Objektiven zusammenarbeitet. Klar gab es vorab im Netz viele Unkenrufe (nur eine XQD-Karte, Autofokus bei schlechtem Licht nicht brauchbar, zu langsame Serienbildrate, nur wenige Bilder pro Akkuladung möglich…) aber diese Punkte waren mir schlichtweg egal. Denn ich wollte diese Kamera primär für die Landschafts- und Makrofotografie einsetzen. Meine D850 und D500 sollten (vorerst) für die Aktion-Fotografie behalten werden.
Als ich gestern die Z7 bei meinem Fachhändler abholte, schienen sich die positiven Erwartungen an diese Kamera auch zuerst mal voll zu erfüllen. Hier ein paar Eindrücke (ich will hier keine Tec-Specs runterbeten, die findet ihr hier auf der Nikon-Seite)
Positiv:
· Super Ergonomie und Haptik.
· Das Sucherbild ist hell und klar und das Reinzoomen im Sucher auf 100% absolut grandios.
· Eine Preview von Doppelbelichtungen wird nun endlich angezeigt, natürlich auch im Sucher.
· Das frei belegbare „i“-Menü ist extrem hilfreich.
· Der Autofokus arbeitet bei schlechtem Licht besser als erwartet, selbst bei den äußeren Messfeldern.
· Der FTZ-Adapter arbeitet sauber mit all meinen Objektiven (auch mit Sigma und Tamron Objektiven).
· Der interne Stabilisator ist der Hammer, auch an Objektiven wie dem Walimex 2/135mm.
· Die Gewichtsreduzierung ist massiv (Z7 + 4/24-70 = 1165g ; D850 + 2,8/24-70mm G = 1915g ; D850 + 2,8/24-70mm E VR = 2084g).
· …
Negativ:
· Fokus-Peaking zu unpräzise und nur im manuellen Modus möglich.
Alles in allem wurden meine Erwartungen auf den ersten Blick also eher übertroffen als erfüllt. Wobei ich hier ganz ausdrücklich drauf hinweise, dass ich bis jetzt erst den Funktionsumfang und nicht die Bildqualität getestet habe.
KO-Kriterium
Wie eingangs beschrieben, wollte ich die Z7 primär für die Landschafts- und Makrofotografie nutzen. Da ich bereits eine D850 habe, war die Bildqualität nicht das entscheidende Kaufkriterium, sondern ausschließlich die Arbeitserleichterung vor Ort. Vor allem der Aspekt „Sucherbild = fertiges Bild“ hat mich dazu gebracht, die knapp 4.500€ auszugeben.
Und genau hierbei wurde ich schwer enttäuscht.
Stutzig wurde ich, als ich den Sonnenstern des 4/24-70mm Objektives testen wollte. Als die Kamera mit Blende 22 ausgerichtet war und die Sonne zwischen den Ästen eines Baumes direkt auf die Frontlinse schien, war schlichtweg kein Sonnenstern sichtbar. Das fertige Bild lieferte hier allerdings ein ganz anderes Ergebnis, ein schön ausgeprägter Sonnenstern war nun vorhanden. Nach einigen Testaufnahmen stellte ich fest, dass sich die aufgenommenen Bilder in fast allen Fällen deutlich vom Sucher-Bild unterschieden.
Denn das von der Kamera in Echtzeit angezeigte Bild entspricht nur bis Blende 5,6 den Einstellungen. Wählt man eine kleinere Blende (also f/8, 11, 16,…), so sieht man erst am fertigen Bild, wie das Bild tatsächlich aussieht - nicht aber „live“ im Sucher oder auf dem Monitor.
Links: Das Bild in EVF und am Display bei Blende 16.
Rechts: Das mit identischen Einstellungen aufgenommen Bild.
Wenn in der Landschaftsfotografie ausschließlich mit dem Sucher gearbeitet und die Schärfe erst am fertigen Bild kontrolliert wird, ist dieser Punkt wahrscheinlich gar nicht mal so schlimm. Aber meine Arbeitsweise vor Ort ist, dass ich anhand des Live-Bildes die Blende und den Fokuspunkt in der 100%-Ansicht exakt aufeinander abstimme, um eine maximale Schärfe zu erhalten. Das ist mit der Z7 definitiv nicht möglich. Natürlich kann man die Abblendtaste drücken, um die Blende entsprechend der Einstellung zu schließen. Aber dann kann man weder fokussieren noch reinzoomen. Das kann selbst jede billige Nikon Coolpix besser, und die Dinger kosten nur 2-5% der Z7.
Richtig witzig wird es dann bei der Funktion „Splitscreen-Zoom-Ansicht“. Hiermit können zwei unterschiedliche Punkte des Bildes gleichzeitig vergrößert werden, was eine parallele Schärfekontrolle im Vordergrund und im Hintergrund ermöglicht – so zumindest die Idee hinter dieser Funktion. Bei der D850 funktioniert das auch absolut tadellos. Bei der Z7 wird auch hier das Bild mit maximal Blende 5,6 angezeigt, auch wenn man etwas ganz anderes eingestellt hat. Und die Abblendtaste funktioniert in diesem Modus auch nicht mehr. Somit ist diese Funktion wirklich ein schlechter Witz.
Für Landschafts- und Makrofotografen ist diese Kamera also eher unbrauchbar - zumindest im Vergleich zu all meinen anderen Nikon DSLR´s (D5500, D500, D750, D800E, D850).
Aber es ist ja nicht nur die falsch angezeigte Schärfe, welche von diesem Problem betroffen ist. Auch die Einschätzung des Bokehs ist dadurch unmöglich. Wie stark ein Sonnenstern ausgeprägt ist, kann nicht in Echtzeit erkannt werden. Und ob in der Makofotografie die Unschärfekreise rund oder eckig sind, erkennt man auch erst am fertigen Bild. Wie gesagt – das kann man sich alles mit der Abblendtaste anschauen. Aber dann eben ohne 100% Ansicht und ohne Autofokus.
Warum Nikon der neuen Z7 ein so massives „Downgrade“ gegenüber allen Nikon DSLRs der letzten acht Jahre verpasst, ist mir absolut rätselhaft.
Übrigens spielt es keine Rolle, ob ein Objektiv mit Z-Bajonett oder ein F-Bajonett-Objektiv mit FTZ Adapter verwendet wurde. Auch die Fokuseinstellungen (AF-S / AF-C / MF) sind egal. Interessant finde ich auch, dass dies nur den Foto-Modus der Kamera betrifft. Im Film-Modus wird die eingestellte Blende im Sucher und auf dem Display immer korrekt dargestellt. Autofokus und Zoom funktionieren dann ebenfalls. Aber das Fotografieren ist im Filmmodus leider nur mit massiven Abstrichen möglich.
Fazit
Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass es sich bei diesem Problem um einen Bug handelt, der durch ein Firmware-Update ausgebügelt wird. Darauf werde ich aber nicht warten und daher ist dieser beschriebene Konstruktionsmangel mein Rückgabegrund dieser ansonsten wirklich tollen Kamera. Erst recht, da es sich hierbei immerhin um ein knapp 4000€ teures Produkt handelt.
Der zentrale Vorteil einer Spiegellosen gegenüber einer DSLR ist in meinen Augen das Prinzip „What you see is what you get“. Auf die Nikon Z7 trifft diese Aussage allerdings (noch?) nicht zu.
Und der Nikon-Werbeslogan: „VIELSEITIG - Sie können Ihr Sucherbild so anzeigen lassen, dass es die gewählten Bildeinstellungen bereits berücksichtigt…“ erscheint mir nun mindestens fragwürdig (nachzulesen auf der offiziellen Nikon Z7-Page).
Seit knapp 10 Jahren arbeite ich nun mit Nikon und setze mich mit jeder meiner Kameras intensiv auseinander. Ich habe mich gestern vier Stunden lang durch die Menüs der Z7 gewühlt und bin mir sicher, keinen Eintrag zu diesem Thema gefunden zu haben. Sollte jemand dennoch eine Lösung dieses Problems kennen, würde ich mich über eine kurze Nachricht freuen. Auch wenn es sich bei mir um einen Einzelfall handeln sollte und ihr dieses Problem mit eurer Z7 nicht habt, könnt ihr mir gerne Bescheid geben!!!
Ich bin gerne bereit, meine Meinung zu revidieren und möchte diese Kamera am liebsten behalten – aber eben nur, wenn sich dieses Problem beheben lässt.
Ich hoffe, dass ich euch mit meinem ersten Erfahrungsbericht zur Nikon Z7 ein wenig weiterhelfen konnte!
Beste Grüße,
Stefan
Update 30.11.2018
Wie bereits angekündigt, ging die Kamera wieder zum Händler zurück. Mein Fachhändler konnte das oben geschilderte Problem sofort nachvollziehen und hatte auch keinerlei Verständniss dafür, warum Nikon so etwas fabriziert hat. Freundlicherweise hat mir mein Händler gestattet, die Kamera noch so lange zu nutzen, bis Nikon zu dem Thema mit der angezeigten Blende eine klare Aussage liefert. Dies dauerte knapp zwei Wochen, in denen ich die Z7 natürlich weiter getestet habe.
In dieser Zeit sind mir einige ganz brauchbare Ergebnisse gelungen, vor allem das bodennahe Fotografieren mit Offenblende macht damit richtig Spaß. Allerdings sind mir auch zwei weitere Negativ-Aspekte aufgefallen:
- Doppelbelichtungen werden nur noch als JPEG abgespeichert
- Wenn die RAWs der Z7 nachträglich stark aufgehellt werden, neigen die Bilder zum sogenannten "Banding".
Der erste Punkt ist für mich total unverständlich und wird hoffentlich durch ein Firmware-Update behoben. Professionelle Nachbearbeitung und auch die Teilnahme an Fotowettbewerben sind bis dahin mit Doppelbelichtungen der Nikon Z7 nicht möglich.
Auch der zweite Punkt überrascht mich sehr, da in der Z7 doch der gleiche Sensor zum Einsatz kommt wie in der D850, welche dieses Problem nicht hat. Zugegeben tritt dieses Phänomen erst beim extremen Aufhellen auf, also bei Belichtungskorrekturen von +5EV (siehe Bild) und mehr. Aber wie gesagt - von der D850 kenne ich das nicht. Dass dieses Problem durch ein Firmwareupdate behoben werden kann, bezweifele ich allerdings.
Dies ist ein im Original fast schwarzer Bildbereiche, der nachträglich um 5+EV in Lightroom aufgehellt wurde. Die sichtbaren Streifen habe ich so noch bei keiner anderen Nikon-Kamera wahrgenommen.
Zwei Wochen nach dem Kauf der Kamera kam auch endlich eine Antwort von Nikon: Die Blende wird nur Bild 5,6 geschlossen, um auch weit abgeblendet einen brauchbaren Autofokus zu ermöglichen. Also ist dies genauso gewollt und wird nicht nachträglich behoben. Leider spielt dies für mich in der Praxis nur eine sehr untergeordnete Rolle und die daraus resultierenden Nachteile der falsch angezeigten Schärfe überwiegen in meinen Augen deutlich.
Diese Punkte haben mir die Entscheidung recht einfach gemacht, die Z7 wieder zurück zu geben. Mittlerweile habe ich mir stattdessen eine weitere D850 zugelegt und werde diese Kamera voraussichtlich für die nächsten Jahre als Haupt-Kamera einsetzen.
Aber wie gesagt - auch mit der Nikon Z7 können sehr gute Fotos entstehen. Hier eine kleine Auswahl der Bilder, welche ich in meinen zwei Wochen mit der Nikon Z7 machen konnte:
Text und Bilder:
Stefan Imig
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